Donnerstag, 20. September 2012

Etappe 9: Röhlingen - Biriciana / Weißenburg i.B. (7.9.)

Nachdem wir am Abend zuvor von der Wirtin des Reiterhofes genötigt wurden, mehrere Flaschen Wein zu konsumieren, gestaltete sich das Aufstehen am nächsten Morgen etwas zäh. Kurz vor Ende des Frühstücks schafften wir es doch aus den Federn und stärkten uns ausgiebig. 
Das Wetter zeigte sich erneut von seiner schönsten Seite und so radelten wir im strahlenden Sonnenschein (und bei Wärme, es war schon recht spät) auf die bayerische Grenze zu.
 
Hier kommt nur noch das Fully durch ...
Dort angekommen sangen wir die Bayernhymne und fuhren durch Mönchsroth zielstrebig zum ersten Rastplatz, dem WP (Wachposten) 13/2. Diesen WP hatte ich schon im Frühjahr besucht, als wir auf der "Romantic Road" den Limes kreuzten. In der Sonne erholten wir uns von den Strapazen der ersten 15 Kilometer.

Nur nicht bewegen!

Beim Aufbereiten dieses Blogeintrags musste ich erschüttert feststellen, dass ich die Begriffe Rekonstruktion und Nachbau bisher völlig undifferenziert in Verbindung mit den WPs verwendet habe. Die Infotafel zu WP 13/2 unterscheidet aber sehr feinsinnig zwischen Rekonstruktionen, welche auf Basis historisch belegter Fakten auf den Resten originaler Bausubstanz errichtet wurden und Nachbauten, welche aufgrund allgemeiner antiker Überlieferungen außerhalb der 30 Meter breiten Weltkulturerbeschutzzone vorgenommen wurden und dem Betrachter einen denkbaren Gesamteindruck vermitteln sollen. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass die baden-württembergische Infotafel zu WP 12/77 ebenfalls von Rekonstruktion spricht, obwohl an dieser Stelle nur ein Nachbau gemeint sein kann. Das unterstützt sicher die Vorbehalte von Michael, dem großen WP 12/77 Kritiker.

Auf alten Aufnahmen ist der Turm noch gut zu erkennen.
(c) bayerisches Landesamt für Denkmalpflege

Die Wacht am Limes! Rechts ist der Autor mit typischem Helm zu sehen ...
 Da wir unterwegs noch keinen Supermarkt oder Bäcker gefunden hatten, hofften auf einen Imbis im Römerpark Ruffenhofen, leider gab es dort nur die Reste eines Kastells zu besichtigen, das Museum wird noch gebaut. Nachdem wir nach einigem Suchen endlich einen Metzger fanden, gabs lecker Wurst zum Essen.

Wurstfinger
Von hier an zog sich der Weg ohne größere Höhepunkte bis Gunzenhausen hin. Ab und zu ging es durch den Wald, manchmal auch auf kleineren Trails.


Historisch kann diese Rekonstruktion Nachbau nicht überzeugen.
Mitten im Wald stießen wir mal wieder auf Überreste der Römer, fein säuberlich durch einen Stein bezeichnet. Hier, wo heute Rohstoffe für Pellets angebaut werden und Adlige jagen gehen, stand früher das Kastell Dambach, Heimat der Kohorte Cohors II Aquitanorum equitata  mit dazugehöriger Zivilsiedlung, Wellness-Landschaft und sogar einem Amphitheater.

eindeutige Wegweiser erleichtern die Orientierung.

Die Reste des Kastells bei WP 13/34

Ein später Triumph der Germanen: Bavaricus Maximus posiert vor den Resten des Kastells.

Reste von WP 13/41

 In Gunzenhausen gabs erneut eine größere Pause, da wir hier wieder auf Infrastruktur trafen. Das Cafe Flair servierte den leckersten Eiskaffee der ganzen Tour, mit viel Liebe zum Detail selbstgemacht, sogar die Schlagsahne war frisch gerührt! Sehr zu empfehlen!

Unbedingt in Gunzenhausen besuchen!
Da wir nicht mehr allzuviel Zeit hatten (die Dämmerung rückte näher) beschlossen wir, in Weißenburg abzusteigen. Das letzte Wegstück führte nocheinmal über herrliche Trails im Wald, immer mit Hochgeschwindigkeit, um rechtzeitig am Zielort anzukommen.
Kein Ereignis ist trivial genug, um nicht für eine Gedenknadel der Reichslimeskommission herhalten zu können.

Knapp vor Weißenburg radelten wir durch Ellingen (Sablonetum) und bewunderten das Barockschloss auf dem Weg, bis vor kurzem (1789) Residenz des Deutschen Ordens.  

Sitz des Landkomturs der Ballei Franken des Deutschen Ordens
In Weißenburg angekommen ließen wir uns im Flair Hotel nieder, einer reinrassigen Seniorenabsteige. Nach einem kleinen Abendmahl köpften wir noch eine Flasche Mulsum und werteten die Tour aus. Was wir schon immer vermutet hatten, bestätigte sich auf eindrucksvolle Weise: Alkohol führt zu Leistungssteigerungen, wir hatten heute deutlich mehr Kilometer zurückgelegt als am Vortag. Trotzdem waren wir ziemlich platt und fielen erschöpft insBett.

Die Tourdaten:

Strecke91,7 km
 Dauer 05:27
 Höhenmeter 833 m
 max. Steigung 9 %
 Durchschnitt 16,9 km/h
 Vmax 47,6 km/h



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Dienstag, 18. September 2012

Römerkanal-Radtour Nettersheim - Köln (16.09.)

Man glaubt ja gar nicht, was für Kleinode direkt vor der Tür liegen! Der Römerkanal-Wanderweg entpuppt sich als solcher! Durch den Limesradweg war ich neugierig auf weitere Römerreste in Deutschland geworden, und da der Weg erst 2012 neu überarbeitet wurde und direkt vor der Tür liegt, stand der Tour nichts im Wege!

Bestes Sommerwetter lockt in Nettersheim an der Urft!
Der Römerkanal-Wanderweg schlängelt sich entlang der Eifelwasserleitung, einem römischen Aquädukt zur Versorgung des antiken Kölns (C.C.A.A.) mit Trinkwasser. Die Römer hatten damals einen hohen Anspruch an die Qualität des Wassers, sie fanden das Eifelwasser deutlich leckerer als das Rheinwasser. Das Kölner Wasser galt damals als eines der besten im Imperium. Dieses Anspruchsdenken haben die modernen Kölner aufgegeben, heute gibts Uferfiltrat als Trinkwasser. Um das Wasser bis nach Köln zu bringen, bauten sie damals eine größtenteils unterirdische Wasserleitung über 95 Kilometer Länge.

Die Route ist tatsächlich als Wanderweg ausgelegt, zwar kann man die meisten Stellen problemlos fahren, ab und zu gibt es aber Treppen, steile schmale Anstiege, umgestürzte Bäume auf dem Weg und Trails als Abfahrten. 80% des Weges sind nicht befestigt, es empfiehlt sich also unbedingt ein Mountainbike oder ein robustes Trekkingrad. Das schöne daran: man trifft weder Rennradfahrer noch Pedelecs :-)

einsame Waldwege locken ...
Die Wegführung ist wirklich außerordentlich gelungen, es werden Straßen wo irgend möglich vermieden, es geht eigentlich fast immer durch Wälder, ab und zu über Felder und erst kurz vor Köln auch mal auf Nebenstraßen durch die Vororte. Selbst hier führt der Weg dann immer noch durch Parks oder Grünanlagen. Nicht unterschätzen sollte man die Steigungen, durch die Wegführung nahe des Aquädukts gehen die Wege immer wieder auf und ab, aber das ist ja seit dem Limes nichts Neues.

Gegen 07:00 Uhr gings mit dem Regionalexpress nach Nettersheim, die einzigen Gäste im Zug waren außer mir alkoholisiertes Partyvolk, die in den einzelnen Vororten ausstiegen. Gegen 08:30 Uhr kam der Zug endlich in Nettersheim an, hier beginnt der Wanderweg, da sich hier eine der Hauptquellen befindet.

Von dort kommt man an einigen Quellfassungen vorbei, die Römer haben damals mehrere Quellen angezapft, vielleicht waren das auch Baustufen. Die Wege sind zu Anfang recht schmal, zum Glück war so früh am Morgen noch niemand unterwegs.


Reste der Originalleitung an der Quelle in Nettersheim.

Die Quellfassung "Grüner Pütz. Die Medusenköpfe sollen Unheil und Verschmutzung fernhalten :-)
 Hinter den ganzen Quellfassungen sieht man nicht mehr viel von der Leitung, da sie von den Römern aus Frostschutzgründen 1 bis 1,5 Meter tief unter der Erde verlegt wurde. Ab und zu erscheint mal eine Öffnung im Boden.

Da unten floss mal Wasser ...

Hier auch ...
 Bei Mechernich verlässt der Wanderweg endlich einmal den Wald, hier trifft man auf die Segnungen unserer Zivilisation, Windmühlen, von ehrlichen Eifeler Windmüllern betrieben!

Eifelidylle!
 Bei Vussem stößt man auf eine restaurierte Aquäduktbrücke. Da die Wasserleitung als reine Gefälleleitung konzipiert war, mussten Täler oder Einschneidungen im Gelände mit Brücken überquert werden. Davon gab es wohl einige auf dem Weg, leider ist davon nichts mehr übrig. Schuld sind die Germanen, sie waren nach dem Untergang des Römischen Reichs entweder zu faul oder technisch nicht in der Lage, Mauerwerk herzustellen. Daher haben sie alles, was nicht niet- und nagelfest war, abgetragen. Die Überreste der Leitung befinden sich deshalb heute hauptsächlich in romanischen Kirchen wieder.

Fast wie in Frankreich ...
 Der Anspruch der römischen Ingenieure an die Qualität der Wasserleitung ist wirklich erstaunlich, so gibt es Teilabschnitte, bei denen die innen verputzte Wasserleitung mit Zierfugen versehen war, damit man auch auf dem Putz die Ziegelstruktur wiedererkennt. Das ist zwar löblich, nur konnte es nach der Inbetriebnahme niemand mehr würdigen, da die Wasserleitung danach nicht mehr betreten werden konnte!

Hier hat sich ein Maurer an den Zierfugen verloren ....
 Die Leitung war ingesamt 180 Jahre in Betrieb, dabei ist sie von innen ganz schön verkalkt. Wäre das Reich nicht untergangen, wäre das antike Köln wohl an einer verstopften Leitung verendet.

Die verstopfte Wasserleitung - sieht aus wie "Der Schrei" ...

Die Überreste der Hardtburg
 Ab Euskirchen führt der Weg hauptsächlich über Feldwege, das ist einerseits ganz nett, man vermeidet die Landstraßen, andererseits auch sehr kraftraubend. Dafür fährt man durch unendliche Felder mit Mais, der Trendpflanze der EU des Jahres 2012. Ein paar einsame Hagebuttensträucher haben aber am Wegesrand den Maiswahn überlebt!

Juckpulver :)
Über den Swistbach führte eine 1,4 Kilometer lange Brücke, bis auf die Zeichnung ist davon nichts mehr übrig, auch diese Steine finden sich in diversen Kirchen wieder. Euphemistisch kann man auch von Recycling sprechen ...

Die Brücke über den Swistbach
 Kurz vor Bonn führt dann der Wanderweg durch den Kottenforst, spätestens hier gabs für die Germanen kein halten mehr, sie haben nicht nur die Brücken abgerissen sondern auch die komplette Leitung für eine handvoll Steine aus dem Boden gebuddelt. Im Wald sieht man noch die Gräben ...

Das bleibt übrig wenn Teutonen wüten ...

 ... nichts außer Trümmern :-)
 Der Weg führt nun schnurstracks auf den Höhen des Vorgebirges nach Norden, aus der Ferne kann man schon Köln, das Ziel der Leitung, und die Errungenschaften der Zivilisation erkennen.

Genau beim Dom endet die Wasserleitung!
Leben am Reaktor ...

Weiher laden zum Verweilen ein ...
In Köln kam die Leitung in ungefähr 10 Meter Höhe an, damit genug Wasserdruck für die privaten Wasseranschlüsse und Brunnen vorhanden war. Das letzte Teilstück der Leitung kurz vor der Innenstadt ist auf eine alte Leitung draufgebaut worden.

unten Alt, oben Neu

Das letzte Stück Leitung am Militärring
Mit dem letzten Rest Licht erreichte ich endlich völlig erschöpft Köln, eine superspannende Tour war zu Ende!

Detailinformationen zur Route und die Downloadmöglichkeit des GPX Tracks findet man auf Webseite des Römerkanal-Wanderwegs. Wenn man die schwierigen Wanderwege umfahren will, sollte man auch eine Karte oder Navi-App dabei haben, ansonsten ist die Beschilderung wirklich ausgezeichnet, wenn auch für Radfahrer etwas klein! Wenn man die Tour etwas entspannter angehen möchte, sollte man sie auf zwei Tage aufteilen.

Die Tourdaten:

Strecke128,7 km
 Dauer 07:01
 Höhenmeter 1648 m
 Durchschnitt 18,4 km/h
 Vmax 42,4 km/h


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Dienstag, 11. September 2012

Etappe 8: Loriacum / Lorch - Röhlingen (6.9.)

Nachdem wir im Juni leider nicht den ganzen Radweg geschafft hatten, gab es jetzt einen neuen Anlauf. Nach der üblichen Anreisehektik (nach Feierabend von Berlin nach Schorndorf über Köln und Stuttgart) traf ich mich am Vorabend im Hotel mit Michel "Bavaricus Maximus", dem bajuwarischen Kraftbolzen, der 50 Kilo 1500 Höhenmeter stemmt und Uli "Drusus", dem alpenquerenden Limesseher. Diesmal wollten wir zu Dritt das Grenzland zu den Barbaren unsicher machen und in 4 Tagen die Lücke von Lorch bis Regensburg schließen.
 
Da Lorch nur begrenzte Übernachtungsmöglichkeiten und keine Mietwagenrückgabestationen besitzt, starteten wir in Schorndorf, da hier die Infrastruktur deutlich besser ist. Das dachten wir zumindest. Unser Hotel hatte leider kein Frühstück im Angebot und die Cafés noch zu (um 09 Uhr!). Von schwäbischer Fleissigkeit war nix zu spüren, lediglich eine Backstube konnte uns mit dem Nötigsten versorgen!
 
Bayern und Schwaben wird durch Mais geprägt.
Schorndorf von seiner schönen Seite

Hier wird das Trinkwasser noch mit dem Pferdefuhrwerk geliefert ...
Die Wegführung ist nicht immer einfach
Geheime Kultplätze
 Die Fahrt durch das Remstal verlief ziemlich ereignislos, der Weg führte immer wieder entlang von Schnellstraßen durch kleine Ortschaften.

Bei Schwäbisch Gmünd verlief die Provinzgrenze zwischen Raetia und Germania Superior. Ab hier wurde der Limes nicht mehr in Form von Holzpalisaden sondern aus Steinwällen errichtet. Der Übergang zwischen beiden Bauarten hat sich bis heute gut erhalten und kann besichtigt werden.

Links Germania Superior, rechts Raetia
Römer in ihrer natürlichen Umgebung
In Schwäbisch Gmünd reihte sich eine Baustelle an die nächste, es hatte fast den Anschein, als wäre ein Teil des Länderfinanzausgleichs zurückbehalten worden.
 
idyllischer Flusslauf in Schwäbisch Gmünd
der Marktplatz ist eine einzige große Sandkiste ...
 In Aalen legten wir eine kurze Rast ein und füllten im örtlichen Limesmuseum am Kastell Alae unsere Mulsumvorräte auf. Anschließend stärkten wir uns im Café Samocca, welches wärmstens empfohlen werden kann - es gibt hier neben lecker Kaffee & Kuchen auch kleine Mahlzeiten, alle vorzüglich im Geschmack!

Café Samocca

Darauf kann man zu Recht stolz sein!
 In der Nähe des Kastells Reinau-Buch gab es wieder eine Rekonstruktion eines Wachpostens zu besichtigen, diesmal von WP 12/77. Diese Rekonstruktion wurde 2008 vollendet und ersetzt einen umstrittenen Vorgängerbau. Der aktuelle Neubau spiegelt den Stand der Forschungen wieder, konnte sich aber bisher in der Öffentlichkeit nicht durchsetzen, da die Darstellungen der Trajanssäule bis heute die Vorstellungen des Publikums beherrschen. Auch Michel Bavaricus Maximus empfand den Nachbau als enttäuschend.
 
die umstrittene WP 12/77 Rekonstruktion und ihr Kritiker.

und die Limesmauer ...

der Abend kann kommen!
Ein paar Hügel später (ja, auch diese Etappe hatte Steigungen) kamen wir zum Dalkinger Tor. Dieses Triumphalmonument ließ Kaiser Caracalla errichten, nachdem er mit den Truppen der Legion Ala II Flavia (welche nebenan in Aalen im Kohortenkastell stationiert waren) ein paar Schwaben platt gemacht hat.
Leider wird heutzutage viel zu wenig auf die Möglichkeit zurückgegriffen, Triumphalbauten zu errichten. Dies ist zu bedauern.

Der Grundriss des Limestores
Die völlig geschafften Legionäre - mit so einer Einstellung wirds nichts mit dem eigenen Triumphbogen!

Irgendwas ist schief gegangen beim Bau ...
 
Das Limestor in Originalgröße, schon damals eine freitragende Konstruktion ...
Nachdem wir doch einige Zeit an den Ruinen verbracht hatten, wäre Mönchsroth nur noch mit einem Gewaltritt zu erreichen gewesen, daher beschlossen wir, uns in einem Reiterhof in Röhlingen einzuquartieren.

Unsere Drahtesel durften nicht zu den großen Pferden im Stall und mussten sich unter der Treppe aneinander schmiegen
Hier meinte es die Wirtin gut mit uns und schwatzte uns eine Flasche Wein nach der nächsten auf. Völlig geplättet fielen wir zu Bett.

Die Tourdaten:

Strecke79,2 km
 Dauer 04:51
 Höhenmeter 869 m
 max. Steigung 10,4 %
 Durchschnitt 16,4 km/h
 Vmax 43,5 km/h


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